Wenn das Unmögliche passiert und das Kind, dass Sie sich so gewünscht haben, noch im Mutterleib oder direkt nach der Geburt stirbt, ist das für die Eltern ein furchtbarer Schock.
Der Verlust eines Kindes ist mit das Schlimmste, was Eltern passieren kann, nichts ist mehr so, wie es war, die Zukunftsträume sind zerstört und die bereits geknüpfte Verbindung zwischen Mutter und Kind löst sich auf.
Medizinisch spricht man bei Kindern unter 500 Gramm von einer Fehlgeburt und ab einem Gewicht von 500 Gramm von einer Still- oder Totgeburt. Doch egal, was die Zahlen auch immer festlegen, der Schmerz ist groß und muss betrauert werden.
Wenn die Mutter spürt, dass etwas mit ihrem Kind nicht in Ordnung ist und dann die Nachricht erhält, dass ihr Kind nicht mehr lebt, muss sie trotz des Schockzustandes Entscheidungen treffen. Dies ist für jede Frau oder auch Paare eine sehr schwere Phase. Die behandelnden Ärzte werden die Betroffenen beraten, auf welche Weise das Kind geboren werden kann. Ob Operation oder der natürliche Weg, hängt auch immer vom gesundheitlichen Zustand der Mutter ab.
Wenn keine medizinischen Gründe dagegen sprechen, sollte sich jede Frau entscheiden können, welcher Weg der Richtige für sie ist.
Oft raten die Ärzte zu einer natürlichen Geburt, was im ersten Moment zu einer Abwehrreaktion führen kann. Denn alles ist schon schlimm genug, da soll es schnell vorbei sein.
Aber die Frauen, die ihr Kind selbst zur Welt gebracht haben, können besser realisieren, dass das Kind wirklich gestorben ist und damit beginnt bereits ein wesentlicher Bestandteil des Trauerprozesses.
Wichtig ist, dass die Eltern miteinander reden und gemeinsam trauern und weinen. Wenn Großeltern oder bereits Geschwisterkinder da sind, sollten diese mit in den Trauerprozess einbezogen werden.
Und wie geht es weiter?
Sobald das Alltagsleben wieder im Vordergrund steht, wird die Trauer oft unterdrückt, auch, weil das soziale Umfeld oft mit den Trauernden nicht umzugehen weiß. Freunde haben Angst, das Falsche zu sagen oder sich nicht angemessen zu verhalten, trauen sich nicht, zu lachen u.s.w. Dann zieht sich das Umfeld oft zurück, aber genau jetzt brauchen die trauernden Frauen/Eltern ihre Familie und Freunde besonders. Hier hilft es, wenn die Trauernden das Herz ausschütten dürfen oder einfach mal nur in den Arm genommen werden.
Aber das bedeutet auch, dass das Umfeld die Trauer, Tränen, Wut und andere heftige Gefühle aushalten kann. Das Aushalten von "fremder" Trauer setzt voraus, dass wir mit unserer eigenen Trauer umgehen können.
Nach William Worden (Trauer-Psychologe) ist es wichtig, dass die Trauernden folgende Aufgaben bewältigen:
Die eigentliche Trauer beginnt erst, wenn die Betroffenen begreifen, dass das Kind wirklich gestorben ist. Daher hilft es sehr, wenn die Mutter/die Eltern ihr totes Kind in den Armen halten und sie aktiv Abschied nehmen. Zwar löst dies immer einen großen Schmerz aus, aber es hilft, zu akzeptieren. Die Betroffenen sollten ausreichend Zeit mit ihrem verstorbenen Kind verbringen, denn diese Zeit werden sie nie wieder haben.
Auch wenn der erste Schmerz so groß ist, dass alles abgelehnt wird, ist es später hilfreich, wenn Erinnerungsstücke geschaffen werden. Dies können Foto's, die Ultraschallbilder, das erste Kuscheltier (was meist schon zu Beginn der Schwangerschaft erworben wird) oder Fuss,-Handabdrücke sein.
Hilfreich ist auch eine kleine Erinnerungsecke für das Kind, vielleicht zum Gedenken einen Baum zu pflanzen, also einen Platz zu schaffen, wo in Ruhe getrauert werden kann.
Für Kinder über 500 Gramm Gewicht besteht Bestattungspflicht, dass bedeutet für die Eltern und die Familie noch einmal einen schweren Schritt, der Abschied wird nun endgültig. Aber auch Kinder unter 500 Gramm Gewicht können bestattet werden - je nach Länderrecht.
Wenn der Alltag dann wieder einkehrt, wird die Trauer oft unterdrückt. Hier ist es wichtig, den Schmerz zuzulassen, auch wenn es weh tut und die Gefühle sehr intensiv werden. Unterdrücken, Verdrängen und Leugnen führen oft dazu, dass die Trauer in Krankheit führt, z.B. in eine Depression.
Viele Betroffene stellen sich vermehrt die Sinnfrage, weil die eigene Zukunft nicht mehr lebenswert erscheint. Zur Neuausrichtung des eigenen Lebens hilft es, wenn man spürt, was einem gut tut und was einem die Kraft raubt. Sich fragen, was wirklich wichtig ist im Leben. Das Alltägliche wird hinterfragt, vielleicht auch die Beziehung zum Partner. Denn beide werden unterschiedlich mit dem Trauerprozess umgehen.
Aber immer wird die Verbindung zum verstorbenen Kind da sein, es wird im Herzen bleiben und in das neue Leben mitgenommen. Wenn ein neuer Anfang geschieht, vielleicht eine neue Schwangerschaft entsteht, ist es wichtig, dem verstorbenen Kind seinen Platz im Familiensystem zu geben.
Wenn also das erste Kind gestorben ist und ein weiteres Kind geboren wird, sollte das zweite Kind nicht auf dem Platz des ersten Kindes aufwachsen. Vielmehr ist es für das zweite Kind eine Entlastung, wenn es von seinem toten Geschwisterkind erfährt und nicht dessen Platz ausfüllen muss.
Die Liebe zum verstorbenen Kind bleibt und mit einer ausreichenden Trauerbearbeitung können sich betroffene Eltern und Großeltern neu ausrichten, wobei ein gutes soziales Netz sehr unterstützen kann. Aber manchmal gerät der Trauerprozess ins Stocken, man schämt sich seiner Gefühle, vielleicht kommen auch Schuldgefühle auf, auch, weil das soziale Umfeld vielleicht meint, jetzt sei es aber genug mit der Trauer.
Dann können Gespräche mit entsprechenden Therapeuten hilfreich sein, um seinen Weg zurück ins Leben zu finden.